Station 05 – Auswanderung

Standort: Parkanlage in der Pinkagasse 
Verfasst von Mag. Heinz Bundschuh, sofern keine anderen Quellen im Text angegeben wurden.

Station 05 – ​Auswanderung

Beginn der Auswanderungsbewegung

Die Amerikawanderung der Riedlingsdorfer war Teil der großen Auswanderungsbewegung welche im Laufe des 19. Jahrhunderts große Teile Europas erfasste. Da es das Burgenland in seiner heutigen Form damals noch nicht gab und die westungarischen Dörfer das unzusammenhängende Hinterland größerer ungarischer Städte bildeten, begann die Auswanderung in den heutigen Landesteilen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Während der sogenannten Old Immigration, die ca. um 1875 durch die New Immigration abgelöst wurde, war das Ziel der wenigen Auswanderer der Mittlere Westen, wo man versuchte als Farmer in den Vereinigten Staaten Fuß zu fassen. In dieser Zeit verließen nur vereinzelt Personen ihre westungarische Heimat, die meist individuelle Gründe vorzuweisen hatten, wie der bekannte Oberschützener Pfarrer Gottlieb August Wimmer, der nach der Niederschlagung der Revolution von 1848/49 das Land verlassen musste.

Abbildung 1: Auswanderer aus Österreich-Ungarn um 1910 in Triest (Bildquelle: commons.wikimedia.org/Lizenz: gemeinfrei)

Die New Immigration, deren Ziele die amerikanischen Industriegebiete zuerst rund um Chicago und dann später rund um New York waren, sollte schließlich dazu führen, dass ganze Familien in Richtung Neue Welt aufbrachen. Diese Auswanderungswellen schwappten zeitversetzt von Innerungarn aus auf die Gebiete des heutigen Burgenlandes über. Erfasste die erste Welle um 1875 den Seewinkel, veranlassten weitere Auswanderungswellen im Abstand von jeweils fünf Jahren zuerst die Bewohner der heutigen Bezirke Oberpullendorf/Oberwart und dann der heutigen Bezirke Güssing/Jennersdorf dieses Abenteuer zu wagen.

Der 1. Weltkrieg unterbrach dann jäh die Wanderungsbewegung, welche aber nach Kriegsende in Form der Zwischenkriegswanderung schnell wieder einsetzte, um aber bereits 1924, nachdem die USA strengere Einwandergesetze erlassen hatten, wieder abzuebben.

In den 1950er-Jahren kam es schließlich zu einer weiteren, im Vergleich zur Massenauswanderung der vergangenen Jahre, eher kleineren Auswanderungswelle deren vornehmliches Ziel Kanada darstellte.

Da amerikanische Pfeffer

Text von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz

Gründe für die Auswanderung

Die Gründe für die Auswanderung waren ab Beginn der New Immigration in den meisten Fällen wirtschaftlicher Natur. Dass während dieser Auswanderungsbewegungen besonders viele Menschen aus dem Gebiet des heutigen Burgenlandes ihre Heimat verließen lag unter anderem daran, dass es hier nur wenige Möglichkeiten gab, sein wirtschaftliches Auskommen zu finden. Industriearbeitsplätze waren rar gesät, die Landwirtschaften hatten durch das ständige Teilen im Zuge von Erbschaften eine kritische Größe erreicht, mit der man keine großen Familien mehr ernähren konnte. Viele Menschen sahen sich daher gezwungen als Wanderarbeiter ihr Geld zu verdienen. Sie entwickelten dabei eine im Vergleich zu anderen österreichischen Landesteilen außergewöhnliche Mobilität, sodass sie sich um einiges leichter taten in der Fremde ihr Glück zu suchen. Auch hatten bessere Lebensbedingungen im Vergleich zu den Jahrhunderten davor in den Dörfern dazu geführt, dass die Sterberate sank, während die Geburtenrate stieg. Der dadurch entstehende Druck durch das rasante Bevölkerungswachstum entlud sich schließlich durch das Ventil der Auswanderung nach Übersee.

Nicht immer bestand die Absicht für immer auszuwandern, manchmal plante man für einige Jahre in die USA zu gehen, dort genügend Geld zu verdienen und mit dem Ersparten zurückzukehren um hier eine größere Landwirtschaft zu kaufen. Man schätzt, dass von den mindestens 60.000 aus dem Burgenland ausgewanderten Menschen rund ein Drittel wieder zurückgekommen ist. Manchmal kehrten diese Rückwanderer mit Kindern zurück, welche in den USA geboren wurden. So lassen bzw. ließen sich auch in den Geburtsurkunden einiger Riedlingsdorferinnen und Riedlingsdorfer amerikanische Geburtsorte finden.

Abbildung 2: Die spätere Auswanderin Berta Tunkl (1927 – 2022, vorne rechts) mit Eltern und fünf ihrer sieben Geschwister Anfang der 1940er-Jahre... (Bildquelle: Fotoarchiv Philipp Bundschuh)  

Ellis Island als Tor in die USA

Nachdem ab 1890 die Einwanderungszahlen in die USA sprunghaft anstiegen, wurde Ellis Island, eine kleine Insel im Hafengebiet von New York, als Einwanderungszentrum eingerichtet. Bis zu seiner Schließung 1954 sollten durch dieses Nadelöhr rund 12 Millionen Menschen aus aller Welt erstmals amerikanischen Boden betreten, sodass rund 40 Prozent der heute in den USA lebenden Menschen ihre familiäre Wurzeln auf Ellis Island zurückführen können. Für diese mehr als 100 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner ist diese kleine Insel somit ein „holy ground“, ein heiliger Boden.

Abbildung 4: Ellis Island - Das Tor für Millionen Einwanderer in die USA, heute ein Museum (Bildquelle: commons.wikimedia.org/Urheber: Rhododendrites/Lizenz: CC-BY-SA)