Der älteste Nachweis, dass in Riedlingsdorf Wein angebaut
wurde, findet sich in einem Urbar aus dem Jahre 1569. Der Ort gehörte damals
zur Herrschaft Bernstein, die sich im Besitz der Familie Königsberg befand.
Während dieser Zeit gehörte Riedlingsdorf nicht zu Ungarn sondern für rund zwei
Jahrhunderte zu Österreich, ehe es 1647, nachdem 1644 die Herrschaft Bernstein
an die Familie Batthyány verkauft worden war, wieder ein Teil von Ungarn wurde.
[1]
Abbildung 1: Das Schulgebäude mit dem namensgebenden Turm (Bildquelle: www.atlas.burgenland.at - Copyright Michael Floiger)
In besagtem Jahre 1569 ließ Christoph von Königsberg von den
Orten seiner Herrschaft Urbare anfertigen, in dem in einer Art Bestandsaufnahme
die Besitzrechte seiner Untertanen und deren Abgaben dokumentiert wurden. Mit
95 Hofstellen und vier Mühlen war Riedlingsdorf nach Bernstein und Pinkafeld
damals der größte Ort in der Herrschaft Bernstein. Es scheint somit, dass sich
der Ort nach seiner totalen Zerstörung durch das abziehende türkische Heer im
Jahre 1532 wieder wirtschaftlich erholt hatte.
Besonders interessant ist, dass in diesem ältesten bekannten
Urbar mit den Namen Lang, Neid (Neidt geschrieben), Piff, Schaden und Steger
bereits Familiennamen befanden, welche auch heute noch in der Ortsbevölkerung
vorkommen. Namen wie Prodl, Schiebinger, Wagner und Wurzer sind zumindest in
Hausnamen erhalten geblieben.
Im Abschnitt „Perckrecht
auf dem Weingepürg zu Riegerstorff, was das Jahr 1569 eingenommen worden“
sind pro Ried die Abgaben der jeweiligen Weingartenbetreiber an die
Grundherrschaft aus dem „Bergrecht“ aufgelistet. Demnach wurde am Ednperg (heute Ödenberg) mit Abstand am meisten Wein eingebaut. Kleinere Anlagen
gab es in den Ortsrieden Laimpach (heute Laimbach), Fuxberg und Pühl (heute Büllhöhe). Die Gesamtabgaben aus dem
Bergrecht beliefen sich auf 3 3/8 Hartberger Eimer, das entsprach ungefähr 391
Litern Wein.
Die Abgaben aus dem Weinzehent, also die Abgabe von rund zehn
Prozent der Ernte an die Grundherrschaft, machte 4 1/2 Hartberger Eimer aus.
Aus diesen ca. 525 Litern lässt sich somit schließen, dass der gesamte
Ernteertrag aus den Riedlingsdorfer Weingärten rund 5.000 Liter betragen haben
muss.
Aus dem Eintrag im Urbar „Paanwein
Wird ihnen bei 7 Hartperger Eimer jährlich fürgelegt, den müssen sie
ausschenken und der Herrschaft jede Pindt 4 Pfennig theurer als sonst schenkt
bezahlen“ lässt sich schließen, dass die Riedlingsdorfer von der Herrschaft
rund 800 Liter Wein übernehmen mussten, unter Umständen vielleicht sogar den
eigenen, den sie zuvor wegen dem Bergrecht und dem Weinzehent hatten abliefern
müssen, um ihn wieder als sogenannten Bannwein überteuert zu verkaufen und der
Grundherrschaft dadurch eine weitere Einnahmequelle zu erschließen.
Aus dem Jahre 1615 ist übrigens eine Beschwerde
der Bauern von Unterschützen erhalten geblieben, die sich über die Qualität
dieses Bannweines mit den Worten beschwerten: "er sey sauer
wie der wöll, daß nit einmal Essig daraus werden mag".
Abbildung 2: Ortsriede in denen es Weinbau gab (Copyright Gemeinde Riedlingsdorf)
Viele der
heute verwendeten Rebsorten setzten sich erst am Anfang des 20. Jahrhunderts
durch. Auch bei dem heute mit dem Burgenland häufig in Verbindung gebrachten
Uhudler handelt es sich keineswegs um einen alten einheimischen Wein sondern um
ein amerikanisches Exportprodukt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.
Rotweinrebsorten waren in den westungarischen
Weingärten des 16. und 17. Jahrhundert eher die Ausnahme, es dominierten die
Weißweinrebsorten wie der Zapfner, damit ist die ungarische weiße Rebsorte
Furmint gemeint, welche die Bezeichnung wegen der zapfenförmigen Form ihrer
Trauben erhielt. Für den Eigenverbrauch verwendeten die Bauern von der
Herrschaft als minderwertig angesehene Rebsorten wie „Silberweiß“, ein Synonym
für verschiedene Weißweinrebsorten, sowie Grüner Muskateller und Grober
Reifler.
Gedicht von Bella Bodendorfer
Sprecher Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Die alte katholische Filialkirche im Süden des Dorfes war dem heiligen Urban I. geweiht, der als Schutzpatron der Weinberge, des Weines und der Winzer gilt. Diese Tradition ging nach dem Abriss der alten Kirche auf die um 1811 in der Ortsmitte neu errichteten Filialkirche über.
Abbildung 3: Altarbild Heiliger Urban in der Filialkirche Riedlingsdorf (Bildquelle: commons.wikimedia.org - Autor Stefan97 - Lizenz CC-BY-SA)
1644 kam die Herrschaft Bernstein und somit auch die Ortschaft Riedlingsdorf in den Besitz der Familie Batthyány. Aus diesem Anlass wurde 1645 ein neuer Urbar angefertigt. Aus diesem geht hervor, dass die Abgaben der Riedlingsdorfer Untertanen im Vergleich zu dem Urbar aus dem Jahr 1569 merklich gestiegen waren. Es begann nun aber im Gebiet des heutigen Südburgenlandes zu einem schrittweisen Rückgang des Weinbaues, wobei die Ursachen für diese Entwicklung vielfältig waren. Einerseits könnten klimatische Veränderungen dafür verantwortlich sein, andererseits führte auch die Forderung der Herrschaftsbesitzer, dass ihre Untertanen mehr Robotleistungen zu erbringen hatten, zu deren Überlastung, sodass der arbeitsintensive Weinbau unter Umständen nicht mehr möglich war. So ist im Riedlingsdorfer Urbar von 1645 hinsichtlich der Robotleistungen der Riedlingsdorfer Untertanen der Batthyánys festgehalten: „…und sich auch alle gebührlichen Roboten der Herrschaft zu leisten schuldig.“ [2]
[1]
Vgl. www.atlas-burgenland.at, Die Herrschaft Bernstein, abgerufen am
9. Juni 2022
[2]
Johann Huber: Geschichte Riedlingsdorfs,
Manuskript, Seite 15