In den Jahren 1822 bis 1827 terrorisierte die Räuberbande der Stradafüßler mit ihrem Räuberhauptmann
Nikolaus Schmidhofer, besser bekannt unter dem Namen Holzknechtseppl, das Grenzgebiet zwischen dem Erzherzogtum unter
der Enns (Niederösterreich), dem Herzogtum Steiermark und Westungarn, dem
heutigen Burgenland. Wie viele der Räuberbande am Strick endeten und welchen
Beitrag dazu vielleicht die Riedlingsdorfer leisteten ist bei Station S4 – Holzknechtsseppls Ende beschrieben.
Nikolaus Schmidhofer kam am 6. Dezember 1794 in Tyrnau bei
Fronleiten als Sohn von Matthias und Johanna Schmidhofer auf die Welt. Seine
Jugend soll er in der Obersteiermark verbracht haben, wo er als Knecht und
Halterbub arbeitete. Später war er in Edlitz, Thernberg und Feistritz am
Wechsel als Holzfäller beschäftigt, aus dieser Zeit soll auch sein Spitzname Holzknechtseppl stammen.
Abbildung 1: Eintrag Geburtsbuch Nikolaus Schmiedhofer
Da beim
Holzknechtseppl und seiner späteren Bande, den Stradafüßlern, oft Fiktion und
Wahrheit verschwimmen, gibt es auch die Geschichte, dass er in Edlitz als
Findelkind aufgewachsen sei und nachdem er eine Kuh stahl auf die schiefe Bahn
gekommen sei. Er selbst schrieb in seinem Abschiedsbrief an seine Schwester
kurz vor seiner Hinrichtung am 17. November 1828 in Pinkafeld, dass er sich dem 12-jährigen
Militärdienst entziehen
wollte und sich deswegen
in den Faschingstagen des Jahres 1822 den Stradafüßlern anschloss und bald zu
deren Anführer in der Hierarchie aufstieg. Als 1826 und 1827 in Pinkafeld
Gericht über ihre Schandtaten gehalten wurde, warf man der Bande mindestens 14
Morde, 54 Raube, 48 Diebstähle, 4 Vergewaltigungen und 3 Brandlegungen vor,
wobei der Holzknechtseppl fünf diese Morde begangen haben soll.
Die Bande selbst war ein loser Zusammenschluss von
Deserteuren, Dieben, Hehlern und letztendlich auch mehrfachen Mördern. Das heutige
Burgenland, damals Teil des Königreiches Ungarn, diente den Stradafüßlern als
Rückzugsort, wenn ihnen in der Steiermark und in Niederösterreich aufgrund
ihrer Taten der Boden zu heiß geworden war. Manche von ihnen hatten
Liebensbeziehungen zu sogenannten Beischläferinnen, wie der Wirtin Anna Weber
des Waldwirtshauses in Unterschützen, zu welcher den Holzknechtseppl eine
Hassliebe verband.
Neben dem Holzknechtseppl waren auch seine drei Unterführer
bekannt und von der Bevölkerung ebenso gefürchtet.
So galt der Gekrauste
Seppl, wie man den in Pertlstein in der Südoststeiermark geborenen Joseph
Michael Freyberger nannte, als besonders brutal. Er beging ebenso zwei Morde
wie der sogenannte Fleischhacker Hans, eigentlich Johann Niesner aus Olmütz,
der seinen Räubernamen nicht von ungefähr trug. Joseph Koller aus Althodis, den
man Geheimrat nannte, ermordete ebenfalls zwei Menschen, darunter am 30. Mai
1827 beim Ausbruch der Bande aus dem Gefängnis in Pinkafeld einen der
wachhabenden Soldaten.
Da alle drei auch mehrmals vom Militär desertieren, wurden
sie in Güns von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Das Urteil selbst
wurde am 7. Juli 1827 auf dem Pinkafelder Gerichtsberg durch Hängen
vollstreckt.
Doch bis es soweit war, versetzten sie die Bevölkerung im
Dreiländerdreick Steiermark, Niederösterreich und Westungarn in Angst und
Schrecken. Oft wurden ja Räuberbanden romantisiert, wenn sie die Reichen
bestahlen und es den Armen gaben. In diesem Fall war aber die normale
Landbevölkerung von den Gewaltakten und Rauben betroffen und alles was dabei
von den Stradafüßlern erbeutet wurde, verprassten sie selbst in den Schenken,
wo sie Unterschlupf fanden.
Im Volksmund haben sich daher viele Geschichten erhalten, die
von Generation zu Generation weitergegeben wurden.
Eine dieser Geschichten, die wahr sein dürfte und die zeigt
wie brutal der Holzknechtseppl und seine Spießgesellen oft vorgegangen sind,
ereignete sich auf dem Gassen-Bauern-Hof von
Philipp und Anna Wagner in Königsberg, Gemeinde Aspangberg-St. Peter. Die Bauernfamilie
hatte Ochsen verkauft, wovon die Bande Wind bekam. Als sich das Ehepaar
weigerte, das Geldversteck preiszugeben, tauchten die Männer die Hände der Frau
in einen Teig, den sie gerade zubereitete. Dann hielten sie ihre Hände in das
siedende Fett, die Frau überlebte zwar diese Tortur, starb aber am 6. Dezember
1824 an deren Folgen.
Vier Todesopfer gab es in Trattenbach am Sonnwendstein, wo die Wegmacherfamilie Kerschbaumer lebte, die eigentlich zum erweiterten Hehlerkreis der Bande gehörte und den Räubern immer wieder Unterkunft gab. Als bei einem dieser Besuche die Frau des Wegmachers die Stradafüßler provozierte und von ihnen für die Übernachtung Geld verlangte, wurden das Ehepaar und seine Tochter vom Holzknechtseppl und dem Gekrausten Seppl kurzerhand ermordet. Danach setzten sie das Haus in Brand, wobei auch noch die Ziehtochter der Kerschbaumer in den Flammen ums Leben kam.
Abbildung 2: Sterbebucheintrag der Familie Kerschbaumer
Eine Berufsgruppe, die es der Räuberbande besonders angetan
hatte, waren die Glaser, die mit ihrer „Kraxn“ beladen von Dorf zu Dorf oder
von Bauernhof zu Bauernhof zogen und dort Reparaturarbeiten durchführten. Fiel einer dieser armen Gesellen
der Räuberbande in die Hände, dann musste er mit seinem Tragegestell auf einen
Baum klettern und wurde dann von den Räubern heruntergeschossen. Wie der
Holzknechtseppl bei seinem Gerichtsverfahren angab, gefiel ihm das Geräusch,
wenn das zu Boden fallende Glas zersplitterte. Einen derartigen Vorfall gab es
unter anderem zwischen Schmiedraith und Götzendorf.
Abbildung 3: Steinschlosspistole, welche den Stradafüßlern zugeordnet wird (Bildquelle: commons - Stefan97 - CC-BY-SA)
Ins Reich der Phantasie sind hingegen jene Geschichten
einzureihen, in denen davon berichtet wird, dass der Holzknechtseppl glaubte,
dass er unsichtbar würde, wenn er die Herzen von neun Kindern esse.
Nichtsdestotrotz
hat sich in Riedlingsdorf die Geschichte erhalten, dass beinahe auch ein
achtjähriges Mädchen Opfer des Räuberhauptmannes geworden wäre. So berichtete
die 1916 geborene und im Haus Untere Hauptstraße 34 später wohnende Theresia
Zethofer, dass der Holzknechtseppl eines Tages bei ihrem Ururgroßvater Johann
Lang übernachtete. Im Haus wohnte auch dessen achtjährige Tochter, die während
dieser Nacht sehr unruhig war. Am nächsten Tag meinte der Holzknechtseppl, dass
er das Mädchen umgebracht hätte, wenn es nicht die ganze Zeit so gequengelt hätte.
Unweit dieser Station erblickt man die Wohnhausanlage „Wohnen
50plus“, ein Pionierprojekt der Marktgemeinde Riedlingsdorf, welches diese mit
der Oberwarter Siedlungsgesellschaft OSG 2007 umsetzte
[1] und im Laufe der Zeit wegen der großen Nachfrage erweiterte. Auf
rund 70 Quadratmetern
können hier Seniorinnen
und Senioren barrierefrei und rollstuhlgerecht wohnen und
sich im Bedarfsfall von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stützpunktes der
Volkshilfe betreuen lassen.
Diese Senioren-Bungalows sind aber nur ein Baustein im Konzept
der Gemeindeführung die Ortschaft als „Wohngemeinde“ auch für
Nicht-Ortsansässige interessant zu machen, bietet Riedlingsdorf doch ein hohes
Maß an Lebensqualität. Für die Umsetzung verschiedener Bauprojekte konnte die
Oberwarter Siedlingsgesellschaft als strategischer Partner gewonnen werden,
sodass immer ausreichend günstiger Wohnraum zur Verfügung steht. Durch dieses
Konzept gelang es frühere Abwanderungsverluste auszugleichen und die
Einwohnerzahl konstant über 1.600 zu halten.
Weiterführende Links:
[1] Vgl. https://bglv1.orf.at/stories/192577, abgerufen am 20.1.2022