In den Jahren 1822 bis 1827 terrorisierte die Räuberbande der Stradafüßler mit ihrem Räuberhauptmann
Nikolaus Schmidhofer, besser bekannt unter dem Namen Holzknechtseppl, das Grenzgebiet zwischen dem Erzherzogtum unter
der Enns (Niederösterreich), dem Herzogtum Steiermark und Westungarn, dem
heutigen Burgenland. Welche Schandtaten die Band beging ist bei Station 7 – Vergangenheit trifft Gegenwart beschrieben.
Während viele der Mord- und Schandtaten in der Steiermark und
in Niederösterreich begangen wurden, diente unser Gebiet den Mordgesellen oft
als Rückzugsraum, wo sie in Gastwirtschaften, deren Betreiber und
Betreiberinnen entweder zum Hehlerkreis der Bande gehörten oder als sogenannte
Beischläferinnen Liebensbeziehungen mit einzelnen Bandenmitgliedern
unterhielten.
Eine dieser Gastwirtschaften, das Unterschützener
Waldwirtshaus in der Wartenau, das auf einer Karte aus dem 19. Jahrhundert auch
als Gfang-Wirtshaus bezeichnet wird.
Abbildung 1: Das Gfang Wirtshaus in dem angeblich der Holzknechtseppl und seine Bande gefangengenommen wurde
Das Wirtshaus befand sich rund 1 Kilometer von Ihrem aktuellen Standort entfernt in südöstlicher Richtung vis-a-vis der Waldecke beim Güterweg nach Unterschützen. Lange Zeit führte an dieser Gaststätte die Verbindungsstraße zwischen Riedlingsdorf und Oberwart vorbei.
Abbildung 2: Rot Ihr Standort, Gelb der Standort des ehemaligen Waldwirtshauses
Text Hoffmann Dieter, Melodie Hans H. Piff vulgo Kaipl Motz
Zur Zeit des Holzknechtseppls führte Anna Weber das
Waldwirthaus, auch sie gehörte zum Kreis der Beischläferinnen, verband sie ja
eine Hassliebe zum berüchtigten Räuberhauptmann.
Bei den Geschichten über den Holzknechtseppl vermischen sich
oft Wirklichkeit und Fiktion. Eine dieser Geschichten, die sich bis unsere Zeit
erhalten hat, berichtet davon, dass am 12. März 1827 hier der Holzknechtseppl
mit seinen beiden wichtigsten Unterführern, Joseph Michael Freyberger alias Gekrauster Seppl und Johann Niesner alias Fleischhacker Hans, und zehn
weitere Mitgliedern der Bande vorbeigegangen wäre, um in Anna Webers
Waldwirtshaus einzukehren. Riedlingsdorfer Mäher, die hier in der Umgebung
ihren Tagewerk nachgingen, hätten die Räuberbande gesichtet und Soldaten
alarmiert, die daraufhin das Gasthaus umstellt und die Bande festgenommen.
Laut dem Historiker Christoph Tepperberg, einem ausgewiesenen
Experten dieser Materie, befand sich Bande bereits im Herbst 1826 in
Gefangenschaft in Pinkafeld aus der ihr am 30. Mai 1827 kurzzeitig der Ausbruch
gelang. Es könnte daher sein, dass die Sichtung durch die Riedlingsdorfer
Mäher, sofern sie tatsächlich stattgefunden hat, nach diesem Datum war.
Wie dem auch sei, bis zum 13. Juni 1827 waren alle Räuber
wieder eingefangen und es wurde ihnen nach und nach der Prozess gemacht.
Der Prozess gegen die drei Unterführer, dem Joseph Michael
Freyberger, Johann Niesner und Joseph Koller alias Geheimrat, fand in Güns vor einem Militärgericht statt, weil
zusätzlich zu ihren Schandtaten zuvor vom Militär mehrmals desertiert waren.
Das Gerichtsverfahren endete für die Angeklagten, denen insgesamt auch fünf
Morde vorgeworfen wurden, mit dem Todesurteil. Dieses wurde auf dem
Gerichtsberg in Pinkafeld am 7. Juli 1827 durch Hängen vollstreckt. Der
damalige Pfarrer von Pinkafeld, Michael Weinhofer, hielt in seiner berühmten Weinhofer-Chronik die Umstände der
Hinrichtung fest. Demnach wohnten 8.000 Personen diesem Spektakel bei. Laut
Pfarrer Weinhofer bat Joseph Koller die Anwesenden um Verzeihung, Johann
Niesner, an dem der Scharfrichter das Urteil als Zweiter vollstreckte, flehte
Gott zweimal reuig um Erbarmen, der grausame Fleischhaker Hans, der bei der
Urteilsverkündung in Güns noch getobt hatte, gab sich seinem Schicksal hin
verlor das Bewusstsein als ihm der Henker den Strick umlegte.
Ein noch größeres Spektakel solle die Hinrichtung des
Holzkechtseppls werden. Der Fünffach-Mörder Nikolaus Schmidhofer hatte vor der
Vollstreckung des Urteils insgesamt 16 Monate in Haft verbracht und sich laut
Pfarrer Weinhofer zu einem reuigen Menschen gewandelt, der drei Tage lang
betete, als er drei Tage in Pinkafeld an den Pranger gebunden war. Am Tag der
Hinrichtung sollen sich rund 20.000 Menschen auf dem Gerichtsberg versammelt
haben, wobei zu berücksichtigen ist, dass damals in Riedlingsdorf, Pinkafeld
und Oberwart zusammengenommen nicht mehr als rund 8.000 Menschen wohnten. Im
Stadtmuseum Pinkafeld wird bei Führungen die Geschichte erzählt, dass die
zahlreich anwesende Schuljugend zur Feier des Tages ein Brötchen bekam, und
eine Ohrfeige als Warnung. Auch der Holzknechtseppl erinnerte die Anwesenden,
nachdem er sie um Verzeihung gebeten hatte, daran, dass sie ihn als warnendes
Beispiel betrachten sollten.
Die
Gebeine der Hingerichteten wurden an unbekannter Stelle auf dem Pinkafelder
Gerichtsberg begraben. Als in den 1980er-Jahren der neu aufgeschüttete Damm der
A2 auf dem Gerichtsberg abrutsche, meinten daher viele, dass dies die Rache des
Holzknechtseppls sei, weil seine Totenruhe gestört worden sei…
Als im 12. und 13. Jahrhundert die Besiedlung des heutigen
Burgenlandes durch Siedler aus Bayern, der heutigen Steiermark und dem heutigen
Niederösterreich einsetzte, kam es zu einer Vielzahl von Ortsgründungen. Manche
dieser Ortschaften verödeten aber aus unterschiedlichen Gründen im Laufe der
Zeit. Die meist aus Lehm gebauten Häuser verschwanden und wurden durch den Einsatz
des Pfluges wieder Teil des Bodens. An solch abgekommene Orte, im Fachjargon „Wüstung“
genannt, erinnern oft nur mehr alte Riedbezeichnungen. Auch jahrhundertelange
Grenzstreitigkeiten der angrenzenden Orte sind ein Indiz dafür, dass sich an
einer bestimmten Stelle einst eine mittlerweile abgekommene Siedlung befand.
In der Nähe von Riedlingsdorf werden insgesamt zwei solcher
Wüstungen vermutet sowie ein Weiler in der Nähe des Lampelfeldes, der
vermutlich 1664 durch türkische Streifscharen zerstört wurde.
Eine der beiden Wüstungen lag von der Station aus gesehen
vermutlich rund zwei Kilometer in nordwestlicher Richtung, dort wo sich der
Hotter von Riedlingsdorf, Pinkafeld, Wiesfleck und Oberschützen eng verzahnen. Der
Weiler trug entweder den Namen Chiken oder Bralanchchykun (Brachlandchyken),
wobei beide die Bezeichnung „Zicken“ beinhalten. Da das betreffende Gebiet im
Oberlauf des Zickenbaches liegt und sich dort der Flurname „Ziegen“ erhalten
hat, liegt die Vermutung nahe, dass sich der abgekommene Weiler dort befand.
Eine ganze abgekommene Ortschaft wird hingegen rund einen
Kilometer in südwestlicher Richtung von der Station aus gesehen vermutet. Es
könnte sich dabei um den verschwundenen Ort Borchnau (oder auch Borthnau)
handeln, der wie Riedlingsdorf einst Teil der Herrschaft Bernstein war. Ein
Indiz, dass sich dieser abgekommene Ort tatsächlich zwischen Oberwart,
Unterschützen und Riedlingsdorf befand, ist unter anderem der seit dem 16.
Jahrhundert nachgewiesene Flurname Warthenau (auch Wortennau oder Warterau).
Auch gab es zwischen den drei Orten immer wieder Streitigkeiten in diesem
Gebiet um die Ortsgrenzen.[1]
Weitere Hinweise auf eine mögliche Siedlung in diesem Bereich
haben sich auch in alten Erzählungen erhalten, welche in Riedlingsdorf mündlich
von Generation zu Generation weitergegeben wurden. So soll rund eine halbe
Gehstunde südlich vom jetzigen Ort eine Ortschaft bestanden haben. Der
Riedlingsdorfer Ortsried, der an den Unterschützener Ortsried Warthenau
angrenzt, wird als Dorstatt oder Dorfstatt oder auch Torfstatt bezeichnet.
Während Torfstatt auf einen möglichen Abbau von Torf in diesem ehemals
sumpfigen Gebiet hindeutet, könnten die ersten beiden Schreibweisen mit einem
abgekommenen Ort in Zusammenhang bestehen. Ein weiteres Indiz für eine mögliche
Siedlung in diesem Bereich ist das Auffinden einer breiten, geschotterten
Straßenanlage, auf welche die Riedlingsdorfer Wassergenossenschaft im Herbst
1928 gestoßen war, als sie in besagten Bereich Entwässerungsgräben zur Pinka
hin angelegt, um das Gebiet zu entwässern und es besser für die Landwirtschaft
nutzbar zu machen.[2]
Abbildung 3: Holzknechtseppls Ende (Copyright Österreichisches Staatsarchiv)
Weiterführende Links:
[1]
Vgl. http://atlas-burgenland.at/index.php?option=com_content&view=article&id=394:herrschaft-bernstein&catid=20&Itemid=101, abgerufen am 20.1.2022
[2]
Vgl. Manuskript Dir. Huber: Geschichte
Riedlingsdorf, Seite 2